HELENA. Plädoyer für eine Schlampe

Plakat Georgette Dee - Helena. 2015
Theater Wahlverwandte
Georgette Dee in
HELENA. Plädoyer für eine Schlampe
Musikalischer Monolog von Miguel del Arco
Musik: Chansons von Georgette Dee und Terry Truck
Aus dem Spanischen von Miriam Smolka
(Mitarbeit: Wolfgang Seidenberg)

Herbst 2017
Frühjahr 2018

Regie: Elias Perrig
Ausstattung: Merit Fakler
Ausf. Produzent: Hans Piesbergen

Mit Georgette Dee
Mit Musikeinspielung

Deutsche Erstaufführung am 13. Oktober 2015 am Renaissance Theater Berlin

Georgette Dee - Die schöne Helena - Plädoyer für eine Schlampe - von Miguel del ArcoHELENA, die ehemals schönste Frau der Welt, Tochter des Zeus, Geliebte des trojanischen Königssohns Paris, der sie ihrem Ehemann ausspannte und mit nach Troja nahm, die geschmähte Ehebrecherin, die Schlampe – die Frau also, um derentwillen angeblich der Trojanische Krieg, die Mutter aller Kriege, geführt wurde, ergreift das Wort, um endlich ihre Version der Geschichte zu erzählen. Hier trifft der Originalmythos in den Ausformulierungen Homers auf die modernen Selbstrechtfertigungen einer alternden Diva in einer Talkshow von heute. Und die unsterblichen Schönheitsikonen der Neuzeit lassen grüßen: Sisi, Marlene, Marilyn, Grace, Liz…

1 Georgette Dee ©Uwe-NeumannDa werden Widersprüche transparent, Wehleidigkeiten, Schuldzuweisungen, aber auch der abgrundtiefe Schmerz und die Verstörung eines eigentlich ungeliebten, von frühester Kindheit an missbrauchten Menschen, dem nie die Möglichkeit einer eigenständigen Entwicklung gegeben wurde. Da helfen auch 3000 Jahre nicht, da hilft keine Therapie, keine Droge, keine (Selbst-) ironie. Und da hilft auch nicht die Sehnsucht nach dem Vergessen.

Diese HELENA spielt das Spiel der Männer mit, nimmt ihre Spielregeln an, benützt sie scheinbar für sich – und scheitert gerade dort, wo sie alle Liebessehnsucht in die Beziehung zu einem Mann wirft, in ihre Liebe zu Paris. Ihre Flucht mit ihm nach Troja wird zu einem noch größeren, ewigen Gefängnis.

3 Georgette Dee ©Uwe-NeumannDer Trojanische Krieg dient hier auch als Modell für die Kriege der Neuzeit. Offiziell waren es nie wirtschaftliche, selten ideologische oder machtpolitische Gründe, die zum Krieg führten. Der ‚Frauenraub’ der Neuzeit sind das Attentat, der fingierter Überfall, angebliche Massenvernichtungswaffen oder die Unterstützung terroristischer Organisationen. Und nach dem Krieg schreiben die Sieger die Geschichte. Auffällig dabei ist allerdings, dass es sich bei den Akteuren und den Chronisten fast ausschließlich um Männer handelt. Die Frauen sind Beute, Leidtragende und Opfer der Kriege. Und sie werden nicht gehört.

Vergleichbar vielleicht mit Christa Wolf und ihrem Roman „Kassandra“, verschafft der Autor Miguel del Arco einer weiblichen Figur aus dem Ur–Modell der Kriege, dem Trojanischen Krieg der Ilias, durch einen furiosen Monolog Gehör, und zeigt die weibliche Sicht der Ereignisse, die die Geschichte der Heroen zu einer Geschichte grausamer, egomaner und jämmerlicher Gestalten werden lässt.

GEORGETTE DEE
DIE ZEIT nannte sie „Deutschlands erfolgreichste Diseuse“. Georgette Dee ist eine Kunstfigur und überschreitet Geschlechtergrenzen. Längst ist sie mit ihren musikalischen Bühnen- und Soloprogrammen ein gefeierter Kultstar und steht regelmäßig auf den Brettern, die die Welt bedeuten – so z. B. 2009 unter der Regie von Robert Wilson in „Shakespeares Sonette“ am Berliner Ensemble oder 2012 in Schnitzlers „Das weite Land“ am Theater Basel bzw. als Narr Jacques in Shakespeares „Wie es euch gefällt“ am Theater Heidelberg (beide Male Regie: Elias Perrig). Mit dem Pianisten Terry Truck, den sie in London kennen lernte, verbindet sie eine langjährige Zusammenarbeit.

Autor MIGUEL DEL ARCO
Der Schauspieler, Produzent, Regisseur und Dramatiker, 1965 in Madrid geboren, gehört zu den produktivsten und erfolgreichsten Theatermachern Spaniens. Unter seinen zahlreichen Auszeichnungen befinden sich mehrere Premios MAX, der jährlich in verschiedenen Kategorien verliehene spanische Theaterpreis, der Preis „Valle Inclán“, der für herausragende Madrilener Theaterproduktionen gestiftet wurde, und der Kulturpreis der Stadt Madrid. Seine Theaterproduktionsfirma ‚Kamikaze’ machte in den letzten Jahren durch Adaptionen von „Der Menschenfeind“, „Von Mäusen und Menschen“ sowie durch die Produktionen „La función por hacer“ (nach Pirandellos „Sechs Personen suchen einen Autor“) und „Deseo“ nach Motiven aus Goethes „Wahlverwandtschaften“ auf sich aufmerksam, bei denen del Arco auch Regie führte. 2011 schrieb er für die spanische Schauspielerin Carmen Machi, die durch die Fernsehserie „7 vidas“ und ihre Rollen in vielen Filmen Pedro Almodóvars (u. a. „Sprich mit ihr“, „Volver“) bekannt wurde, den dramatischen Monolog „Juício a una zorra“ („Helena. Plädoyer für eine Schlampe.“). Uraufgeführt wurde er beim Festival von Mérida im Teatro Romano, bevor die Produktion nach Madrid ans Teatro de La Abadia ging und von dort aus ihren Siegeszug durch zahlreiche Theater Spaniens antrat. Für die Rolle der Helena erhielt Carmen Machi den Preis „Valle Inclán“ und eine Premio MAX-Nominierung.

Die Aufführungsrechte des Autors werden wahrgenommen von: QDEQUINTANILLA  www.qdequintanilla.com

Georgette Dee - HELENA (c) Uwe Neumann Georgette Dee - HELENA (c) Uwe Neumann Georgette Dee - HELENA (c) Uwe Neumann
Georgette Dee - HELENA (c) Uwe Neumann Georgette Dee - HELENA (c) Uwe Neumann Georgette Dee - HELENA (c) Uwe Neumann

Pressestimmen

Diese Rolle [passt] zu ihr, als sei sie ihr auf den Leib geschrieben.
Auch wenn sie keine Bühnenmimin ist, die Dee wäre nicht die Dee, wenn sie sich die Helena nicht völlig angeeignet, ja anverwandelt hätte. (…) Wie sich die Dee (…) dabei mehr und mehr in Rage redet und mit kräftigen Zügen aus diversen Flaschen beruhigt, das ist (…) auch für den lustig, der die Dee nur als Diseuse kennt. (…) Ein großer Abend für die Kleinkunstikone.
Peter Zander, Berliner Morgenpost, 15.10.2015

Schon die Vorlage von Miguel del Arco ist eine Demontage der alten Griechen und ihrer unheiligen Umtriebe. Helena klagt Zeus an und macht sich das Publikum beim Schlampen-Tribunal zu Zeugen. Bei Georgette Dee wird daraus die gepfefferte Abrechnung einer alternden Drama-Queen mit 5000 Jahren Geschichte der Spielart Frauenunterdrückung und Kriegstreiberei. Ihre Helena ist verdammt heutig. (…) Im schwarzen wallenden Gewand (…) stolziert die Schönste der Schönen über verbrannte Erde. Sie klagt an und packt aus. Schreit und zetert, zerfällt in ihre Einzelteile, schmilzt dahin, wenn Paris sich nähert. Beständig wird in der Regie von Elias Perrig Pathos mit Ironie gebrochen. (…) Es gibt viele lustige Einsprengsel in diesen 90 Minuten Helena-Demontage.
Ute Büsing, inforadio rbb Kultur, 14.10.2015

Georgette Dee kämpft als ‚Helena von Troja’ furios gegen Krieg und Gewalt
Anklagend, gebrochen steht sie da, auf der spartanisch ausgestatteten Bühne (…) und wagt einen schonungslosen Blick zurück auf ihr Leben. (…) Georgette Dee verkörpert die ‚Helena von Troja’ (…) ganz göttlich. (…) Auch wenn die Diseuse an diesem Abend nur vier bewegende Lieder singt, bleibt sie doch immer die Dee.
DA, Die Welt, 27.11.2015

Georgette Dee als durch und durch heutige Helena
Georgette Dee ganz in ihrem Element. Eine Kunstfigur spielt sich selbst als Andere. (…)
Die Dee als antik-moderne Dee-Darstellerin, die griechische Mythologie demontiert – das hat Witz und Tiefe.
Gerd Hartmann, Zitty, 37/2015