Schlosspark Theater Berlin / EURO-STUDIO Landgraf
EINES LANGEN TAGES REISE IN DIE NACHT
(Long Day’s Journey Into Night)
Schauspiel in 4 Akten von Literaturnobelpreisträger Eugene O‘Neill
Deutsch von Michael Walter
ca. 10. Januar – 15. Februar 2025
Mit Judith Rosmair, Peter Kremer, Igor Karbus, Fabian Stromberger
4 Mitwirkende
Regie: Torsten Fischer
2. INTHEGA-Preis 2014 für „ROT“
2. INTHEGA-Preis 2022 für „Fräulein Julie“
Bühne und Kostüm: Herbert Schäfer, Vasilis Triantafillopoulos
Ton, Licht: Lukas Fletcher, Tobias Storbeck
Musik: Keith Jarrett: „The Köln Concert“, Rolling Stones: „Sister Morphine“
Uraufführung: 10.2.1956 Königliches Schauspielhaus „Dramaten“ Stockholm
Premiere am Broadway: 7.11.1956 Helen Hayes Theatre New York
Deutschsprachige Erstaufführung: 25.9.1956 Theater am Kurfürstendamm Berlin
Aufführungsrechte: S. Fischer Theater und Medien, Frankfurt am Main
Ein Stück, das emotional pulverisiert.
Was immer wieder erstaunt, ist die schwindelerregende emotionale Widersprüchlichkeit von O‘Neills Charakteren. Innerhalb einer straffen klassischen Struktur hüpfen sie wie Flipperkugeln zwischen Realität und Illusion herum.
Michael Billington, The Guardian, 6. 2.2018. Abgerufen am 26.4.2023.
In das Theaterjahr 2023 mit einem unüberhörbaren Paukenschlag starten, welche Theaterbühne will das nicht. Gelungen ist das dem Schlosspark Theater mit „Eines langen Tages Reise in die Nacht“. O’Neills Familien-Drama steht ganz weit vorn auf der Liste der besten US-Stücke des 20. Jahrhunderts.
Ronald Keusch, Berliner Umschau, 9.1.2023.
Inhalt
Als »dramatischer Zeitzünder« gilt O’Neills deutlich autobiografische Züge tragendendes, an einem Augusttag spielendes, preisgekröntes Meisterwerk, das entscheidend zum Weltruhm des Autors beigetragen hat.
Die Tyrones sind nach längerer Zeit wieder einmal vereint: Vater James – ein früher erfolgreicher Bühnenheld – und der ältere Sohn Jamie haben Theaterferien; der jüngere Sohn Edmund, [der an Schwindsucht leidet] ist nach abenteuerlichen Seereisen in den Schoß der Familie zurückgekehrt; die drogenabhängige Mutter Mary hat vor kurzem eine Entziehungskur erfolgreich beendet. Schnell wird deutlich, der äußere Schein eines harmonischen Familienlebens trügt.**
Die Lebenslügen aller Familienmitglieder zerbröckeln, der Selbstbetrug von Erfolg oder Zufriedenheit läßt sich nicht aufrecht erhalten. Lange zurückliegende Ereignisse haben unheilbare Wunden hinterlassen.*** Trotzdem sagt Mary Tyrone zum Schluss: »Das winzige Maß an Liebe, welches das Maß des Hasses übersteigt – darauf kommt es an.« Ein Hoffnungsschimmer.* Denn die Titelmetapher des Stücks von einer Reise zum Abschluss, impliziert auch eine Art Morgendämmerung.****
**Claudia Vidoni in: Knaurs großer Schauspielführer. Droemersche Verlagsanstalt Th. Knaur Nachf. München 1985. S. 504.
***Georg Patzer in: Harenberg Schauspielführer. Harenberg Kommunikation Verlags- und Medien GmbH & Co. KG. Dortmund 1997. S. 775. Die umfangreichen Kürzungen in den Knaur- und
Harenbergtexten sind nicht gekennzeichnet. Der Text in […] ist eine Ergänzung der Redaktion.
****Nasrullah Mambrol: Analysis of Eugene O’Neill’s Long Day’s Journey into Night. Literariness, 27.7.2020.
So nachdrücklich hat Kritikerlegende Clive Barnes die Leser der NY Times noch nie beschworen! »Dies ist ein 20. Jahrhundert-Meisterwerk und muss – darauf bestehe ich – unbedingt angesehen werden« jubelte er 1956 über die Broadway-Premiere, die zum Start eines einmaligen, bis heute anhaltenden Siegeszugs des Stücks wurde! Denn mehr als 60 Jahre später wird Torsten Fischers hochkarätig besetzte Inszenierung im Schlosspark Theater als »großes Theater, wie es von Zeit zu Zeit einfach sein muss«* *Jaqueline Lorenz, HomeGazette Steglitz, Feb. 2023, ebenso begeistert gefeiert. Bis heute verführt die einzigartige Sogwirkung des emotional fesselnden Familiendramas dazu, sich mit den Figuren und deren sehnsüchtiger Suche nach dem – wie es im Stück heißt »winzigen Maß an Liebe, welches das Maß des Hasses übersteigt« zu identifizieren.
Das Stück, das bis heute als eines der besten amerikanischen Stücke aller Zeiten gilt, wurde u. a. mit dem Theater-OSCAR, dem TONY Award als Bestes Stück der Spielzeit 1956/1957 ausgezeichnet. Außerdem erhielt O’Neill für das eindringliche Werk, drei Jahre nach seinem Tod, seinen 4. Pulitzer-Preis für Drama.
Widmung
Gewidmet hat O’Neill das Stück seiner dritten Frau Carlotta Monterey, die er 1922 kennenlernte, als sie eine Rolle in seinem Stück „Der haarige Affe“ spielte. Beide waren noch mit jeweils anderen Partnern verheiratet. Sie heirateten einander 1929.
Für Carlotta, an unserem 12. Hochzeitstag
LIEBSTE: Ich schenke Dir das Originalmanuskript dieses Stücks über einen alten Kummer, geschrieben mit Blut und Tränen. Eine völlig unpassende Gabe, so könnte es scheinen, zur Feier eines Glückstages. Du aber wirst es verstehen. Es ist als Anerkennung gedacht für Deine Liebe und Zärtlichkeit, die mir jenes Vertrauen in die Liebe gaben, das es mir ermöglichte, mich endlich mit meinen Toten auseinanderzusetzen und dieses Stück zu schreiben – und zwar mit großem Mitgefühl und Verständnis und auch tiefer Vergebung für alle vier gepeinigten Tyrones. Diese zwölf Jahre, meine Einzige Geliebte, waren eine Reise in das Licht – in die Liebe. Du kennst meine Dankbarkeit. Und meine Liebe!
GENE
Tao House 22. Juli 1941
Zitiert aus dem im Fischer-Verlag veröffentlichten Textbuch.
Werkgeschichte
Ein Tagebucheintrag von O‘Neills Frau Carlotta vom 21. Juni 1939 ist die früheste bekannte Erwähnung des Stücks. O‘Neill selbst notierte die Idee erstmals vier Tage später in seinem Arbeitstagebuch. Nachdem er Struktur und Themen skizziert hatte, vollendete er jedoch zunächst „Der Eismann kommt“. „Eines langen Tages Reise in die Nacht“ schloss er am 1. April 1941 ab. Carlotta erinnerte sich an O‘Neills Stimmung während des Schreibprozesses:
Als er begann „Eines langen Tages Reise“ zu schreiben, war es äußerst besorgniserregend zu sehen, wie er jeden Tag durch sein Schreiben gefoltert wurde. Am Ende des Tages kam er abgemagert und manchmal weinend aus seinem Arbeitszimmer. Seine Augen waren ganz rot und er sah zehn Jahre älter aus als am Morgen. Als O‘Neill den zweiten Entwurf im Oktober 1940 fertigstellte, notierte er in seinem Tagebuch: »Dieses Stück gefällt mir besser als jedes andere, das ich je geschrieben habe – macht das Beste aus dem Geringsten – ein ruhiges Stück! – und ein großartiges, glaube ich« .***
Eugene O’Neill, der Begründer des modernen amerikanischen Dramas, hatte verfügt, dass das
zwischen 1939 und 1941 »mit Blut und Tränen« geschriebene Schlüsseldrama erst 25 Jahre nach seinem Tod veröffentlicht werden darf. Die Uraufführung des Familiendramas um die Familie
Tyrone, das die Tragödie seiner eigenen widerspiegelt, hatte der schwerkranke Autor noch kurz vor seinem Tod dem Stockholmer Intendanten Karl Ragnar Gierow testamentarisch zugesichert. Gierow – selbst ein erfolgreicher Theaterautor – hatte im Königlichen Schauspielhaus in Stockholm mehr Stücke von O’Neill aufgeführt als jedes andere Theater.
O‘Neills Witwe ignorierte das Verbot ihres Mannes und gab das in einem Tresorraum eingeschlossene Stück drei Jahre nach seinem Tod zur Aufführung in Stockholm und zur Veröffentlichung in den USA frei. Die Aufführungsrechte übertrug sie der Yale University mit der Auflage, von den Tantiemen Bücher für eine Theaterbibliothek zu kaufen und Theater-Stipendien zu finanzieren.*
**Zitiert nach Nasrullah Mambrol: Critical Analysis of Eugene O’Neill’s Long Day’s Journey into Night. Literary Theory and Criticism. Literariness.org › 29.9.2020.
***Normand Berlin: „The Late Plays“. Zitiert nach **
Aufführungsgeschichte
Uraufführung: 10.2.1956 im Königlichen Schauspielhaus “Dramaten“ in Stockholm.
Regie: Bengt Ekerot
»Das Stockholmer Premierenpublikum vergaß für einen beängstigend langen Zeitraum das Klatschen, dann allerdings applaudierte es fast eine halbe Stunde lang« Svenska Dagbladet
Die Premierenkritk wurde zitiert nach: O‘NEILL-PREMIERE Eugene heißt Edmund. 6.3.1956 DER SPIEGEL 10/1956. Abgerufen am 10.4.2023.
Kurz vor dem Broadway-Debüt fand 1956 die USPremiere am Wilbur Theatre in Boston statt.
Premiere am Broadway: 7.11.1956 Helen Hayes Theatre New York
Regie: José Quintero
Das Ehepaar Fredric March und Florence Eldridge spielte die Eheleute Tyrone.
Das Stück explodierte »wie eine überwältigende, strahlend leuchtende Rakete« berichtete der Rezensent der NY Daily News.
Als die Vorstellungsserie im Helen Hayes Theatre nach 390 in 65 Wochen gespielten Vorstellungen am 29.3.1958 endete, ging das Stück auf US-Tournee. Seit der Uraufführung gab es sechs Neuproduktionen am Broadway: 1958, 1962, 1986, 2003, 2016, 2018 (Gastspiel der mit Jeremy Irons und Lesley Manville hochbesetzten Londoner West End Produktion) und im Frühjahr 2023.
Deutschsprachige Erstaufführung: im Westteil Berlins am 25.9.1956 im Theater am Kurfürstendamm
Regie: Oscar Fritz Schuh, Ausstattung: Caspar Neher, mit Paul Hartmann, Grete Mosheim, Heinz Drache, Hans Christian Blech, Ilse Kiewiet
Premiere im Schlosspark Theater Berlin: 7.1.2023
Das Stück war die Sensation der Broadway-Saison 1956/1957 und wurde mit dem Theater-OSCAR, dem TONY Award als Bestes Stück und mit dem New York Drama Critics‘ Circle Award als Bestes Stück der Spielzeit ausgezeichnet. Außerdem erhielt O’Neill posthum seinen vierten Pulitzerpreis für Drama.
Verfilmung
Regisseur Sidney Lumet verfilmte das Stück 1962 mit Katharine Hepburn, Ralph Richardson, Jason Robards Jr. und Dean Stockwell.
Die Qualität von O’Neills wichtigstem Stück ist die Voraussetzung für seine einzigartige Wirkung.
Die Argumente der Familie zwingen dazu, ein fünftes Mitglied zu werden, dessen Loyalität in dem wechselnden Spiel von „Wer hat wessen Leben ruiniert?“ endlos gefordert wird.
Alice Saville, Time Out London, 7.2.2018.
Da O‘Neill buchstäblich hinter den Kulissen im Theater seines Vaters aufwuchs, wusste er genau, welche Stücke er auf keinen Fall schreiben wollte. Er war von den abgedroschenen und melodramatischen Handlungen, den großen Gesten und der übertriebenen Rhetorik des amerikanischen Theaters abgestoßen und reagierte instinktiv auf den Realismus und die experimentellen Techniken der europäischen Dramatiker Shaw, Ibsen und insbesondere Strindberg. Zitiert nach: Eugene O‘Neill NHS P.O. Box 280 Danville, CA 94526. Last updated: November 22, 2022.
Die Einfachheit der dramatischen Form des Stücks; der fesselnde emotionale Rhythmus; die Komplexität seiner vier Hauptfiguren; ihre Einsichten in Bezug auf Schuldgefühle, Verletzlichkeit und das Bedürfnis nach familiärer Verbindung – das sind einige der Qualitäten, die dem Stück seinen Status als Weltklassiker eingebracht haben. „Eines langen Tages Reise in die Nacht“ markiert gleichzeitig den Höhepunkt von O‘Neills Karriere und das Erwachsenwerden des amerikanischen Dramas.
Michael Hinden: Long Days Journey into Night: Native Eloquence. Twayne Publishers Inc. 1990. Twayne‘s Masterwork Studies, Band 49.
Schriftsteller SINCLAIR LEWIS 1930 über EUGENE O‘NEILL
O‘Neill hat für das amerikanische Drama nicht viel getan, er hat es nur innerhalb von zehn bis zwölf Jahren völlig umgekrempelt und es aus einer geordneten Welt in eine furchterregende, großartige, oft ziemlich schreckliche Welt verwandelt, die einem Tornado, einem Erdbeben oder einem verheerenden Feuer ähnelt. Der Autor und Journalist Sinclair Lewis (1885-1951) erhielt für seine sozialkritischen Romane 1930 den Nobelpreis für Literatur.
Zitiert nach: Eugene O‘Neill NHS P.O. Box 280 Danville, CA 94526. Last updated: November 22, 2022.
O‘NEILL, STRINDBERG, das Dramaten und O’Neils NOBELPPREISREDE
O’Neill war deshalb besonders stolz, als seine Stücke im Dramaten aufgeführt wurden, weil er sich dadurch mit den Werken seines Idols Strindberg verbunden fühlte, dessen Stücke zum ständigen Repertoire des Theaters gehörten.
Als »das größte Genie aller modernen Dramatiker« bezeichnet O’Neill Strindberg in seiner Nobelpreis-Dankesrede. Und er fährt fort: »Als ich im Winter 1913/14 zum ersten Mal zu schreiben begann, war es die Lektüre seiner Stücke, die mir vor allem eine Vorstellung davon vermittelte, was modernes Drama sein könnte (…). Wenn es in meiner Arbeit etwas von bleibendem Wert gibt, dann ist es (…) der Ehrgeiz, den ich damals empfand, (…) würdig in die Fußstapfen seines Genies zu treten (…), mit der gleichen Integrität des Ziels«.
Kürzungen sind mit (…) gekennzeichnet.
JUDITH ROSMAIR
über ihre Rolle Mary Cavan Tyrone
Ich habe selbst eine recht dramatische Familiengeschichte und konnte vieles, was im Stück verhandelt wird, wiedererkennen: Obwobl sich alle unzweifelhaft lieben, kommt es zu Lügen, Schuldzuweisungen, Unglück, Drogensucht, Alkoholismus, Geiz, Demütigung, Streit und Versöhnung. Wie Tolstoi schreibt: „Alle glücklichen Familien gleichen einander, jede unglückliche Familie ist auf ihre Art unglücklich.“ Die Zuschauer werden ein kurzweiliges, spannendes Drama erleben über den Kern der menschlichen Existenz: die Familie und das Scheitern der Träume. Aber keine Bange: Es wird auch sehr schön!*
PETER KREMER
über seine Rolle James Tyrone
»dieses große Stück Weltliteratur auf die Bühne bringen zu dürfen«. Eine wunderbare Herausforderung, einen Menschen zu spielen, der sein Leben lang sein Geld als Schauspieler verdient hat und furchtbar daran scheitert, seine Karriere mit der Verantwortung als Vater und Ehemann zu vereinbaren. Mit einem wunderbaren Ensemble … erleben und erfahren zu dürfen, dass es dann doch letztlich »LIEBE« ist, die einer vom Schicksal arg getroffenen und strapazierten Familie die Hoffnung, Kraft und Zuversicht gibt, weiter füreinander da zu sein!
IGOR KARBUS
über seine Rolle James Tyrone jr.
Mich beschäftigen generell die Themen Familienkonstellation und Abhängigkeiten, in diesem Fall geprägt durch den vergangenen Erfolg des Vaters, der mit seinem Geiz letztendlich an der Sucht der Mutter Schuld trägt. Immer sind die Kinder, in diesem Fall die Söhne, der Familie ja auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Jamie Tyrone jr. z. B. erträgt seinen Status als Versager letztendlich nur durch extremen Zynismus und zum Teil schonungslose Offenheit. Trotzdem ist da aber natürlich auch immer noch die Liebe, die es den meisten Menschen unmöglich macht, sich aus diesem Konstrukt zu lösen. Ein Thema, das uns alle auf vielerlei Arten betrifft. Zeitlos, wenn Sie mich fragen.
FABIAN STROMBERGER
über seine Rolle Edmund Tyrone
Häufig sind es die Menschen, die uns am nächsten stehen, die uns am meisten verletzen können. Und manchmal ist es weniger das Handeln der anderen, das unsere Schmerzen verursacht, als eher eine Wahrheit über uns selbst, die wir dadurch erkennen müssen. Jeder kennt das aus seinem Erleben. Und genau darum geht es in diesem wunderbaren Stück. Ich bin sicher, dass man diesem existenziellen Geschehen auf der Bühne mit großer Lust folgen wird. Eugene O‘Neill nimmt in der Figur des Edmund selbst an seinem autobiografischen Familien-Drama teil, beobachtet, streitet, klagt an, steckt ein und gelangt zu der Erkenntnis, dass ihm das Jenseits näher steht als das höllische Zusammenleben mit seiner in unauflösbare Schuldzuweisungen verstrickten Familie.
TORSTEN FISCHER über seine Inszenierung
In dieser schweren eisigen Zeit zwischen Corona, Inflation und Krieg muss das Theater mit Inhalten unterhalten! Der Kern der Gesellschaft ist die FAMILIE, auch der Ort, an dem alles passiert, von Existenzangst, Einsamkeit, beruflichem Misserfolg, Krankheit, Alkoholsucht, Drogenmissbrauch, Machtmissbrauch, Eifersucht, Suche nach dem Sinn des Lebens. Aber auch: Liebe, Verstehen, und wenn nichts mehr hilft … berauschtes Träumen in die Nacht … Die Theaterfamilie dieses Stückes bietet jedem Zuschauer die Möglichkeit, sich mit einer Person zu identifizieren und Ängste und Nöte des eigenen Lebens wiederzuerkennen. Der großartige Text hat wie eine griechische Tragödie einen kathartischen Effekt und unterhält wie ein amerikanischer Spielfilm im Theatermilieu.
Ausstatter HERBERT SCHÄFER über das Schauspiel
Wie in einem meiner Lieblingsfilme („Ordinary People“) werde ich bei O‘Neills Drama hineingezogen in den scheinbar irgendwie funktionierenden Alltag einer Familie. In Wirklichkeit ist dieser Tag aus dem Leben der Tyrones ein ständiges Ringen um die eigene Existenz, um ein irgendwie mögliches Miteinander. Um den Kampf, Egoismus und Hass zu überwinden und so etwas wie Liebe zu finden, um zu überleben. Ein Abend darüber, wie wichtig es ist, aufeinander aufzupassen.
Ausstatter VASILIS TRIANTA FILLOPOULOS über das Schauspiel
»Es ist wie ein Nebel, der aufsteigt und in dem sie sich verliert«, sagt der jüngere der beiden, Edmund. »Und er tut es absichtlich, das ist das Schrecklichste. Damit wir sie nicht erreichen können, damit sie uns los wird, damit sie vergisst, dass wir leben! Obwohl sie uns liebt, hasst sie uns!«. Diese herzzerreißende Ambivalenz zieht sich durch das Gewebe von Eugene O‘Neills berühmtem autobiografischem Werk: Das dringende Verlangen nach Liebe und die Flut von Wut, das Akzeptieren von Verantwortung und das Bekenntnis zu völliger Unwissenheit, die Fixierung auf die Sucht und der Traum von einer schwer fassbaren, unvorstellbaren Freiheit; das Erwachen der Toten und die Lethargie der Lebenden; die Familie als Gefängnis, als Ort der fortwährenden Inszenierung der gleichen traumatischen Ereignisse und Beziehungen, und die Familie als Ort der Konfrontation mit Dämonen und die Auflösung von Bindungen, die den Weg zur ersehnten Reinigung ebnen können.
Zitiert aus dem Programmheft des Schlosspark Theaters Berlin.
Pressestimmen
Zur Aufführung am Schlosspark Theater Berlin
Sehenswert und berührend
„Eines langen Tages Reise in die Nacht“ erhielt 1957 den Pulitzerpreis. Doch an Aktualität hat das Stück des Literatur-Nobelpreisträgers bis heute nichts verloren.
Großes unverfälschtes Theater, wie es von Zeit zu Zeit einfach sein muss, wird von einem durch und durch schauspielerisch überzeugendem Team geboten.
Der aufbrausende Applaus am Ende des Stückes klingt ebenso anerkennend wie erlösend zugleich, ein wenig Bedrückung bleibt wohl in jedem zurück.
BERLIN Jacqueline Lorenz, Gazette Steglitz, Februar 2023.
Das Premierenpublikum war begeistert.
BERLIN Patrick Wildermann, Tagesspiegel, 08.01.2023
Torsten Fischer hat den Klassiker ganz ohne Zeitkolorit inszeniert. Auf der Bühne ein Sofa, ein Ledersessel und ein riesiger Spiegel, der die linke Bühnenseite einnimmt. Darin spiegeln sich die Figuren, noch bevor sie die Bühne betreten – so als wären sie schon zu Beginn jene Gespenster, zu denen ihre Süchte und Krankheiten sie im Laufe des Stücks entstellen.
Auch die symbolischen Bilder, die neben dem realistischen Kammerspiel aufscheinen, sind stark: Immer wieder halten die drei großen, kräftigen Männer die kleine, zarte Judith Rosmair wie in einer Gruppenumarmung fest – die Liebe, schmeckt hier nach Zwang und Enge.
BERLIN Barbara Behrendt, rbb24 Inforadio, 09.01.2023
Tosender Beifall für die Darsteller und das Team
Immer wieder mußten sie noch einmal auf die Bühne. So lang anhaltendes Klatschen hatte ich schon lange nicht erlebt.
BELRIN Sebastian Otto, Berliner Lokalnachrichten, 10.01.2023
Ein absolut sehenswerter, sensationeller Theaterabend
Torsten Fischer hat das Drama atmosphärisch dicht und intensiv mit einem grandiosen Schauspieler-Quartett inszeniert.
BERLIN Ulrike Borowczyk, Berliner Morgenpost, 10.01.2023