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Nachruf: Wir trauern um Günter Lamprecht

Der Schauspieler starb am 4. Oktober im Alter von 92 Jahren.

Günter Lamprecht ©Jürgen Rocholl
Günter Lamprecht in einer Tourneetheatervorstellung ©Jürgen Rocholl

Günter Lamprecht, der im Theater mehr als 75 Haupt- und Titelrollen verkörperte, war ein großartiger Charakterdarsteller, der in über 1000 Vorstellungen mit der Konzertdirektion Landgraf auf Gastspielreisen zu erleben war. Von 1994/95 bis 1996/1997 spielte Lamprecht bei uns in „The Last Yankee“ (Arthur Miller), in Gerd Heidenreichs „Vaterliebe“ von 1997/1998 bis 2001/2002 und in den Saisonen 2001/2002 bis 2005/2006 in der EURO-STUDIO Landgraf-Produktion „Josef und Maria“ (Schauspiel von Peter Turrini) in der Regie von Adelheid Müther.
Am 1. November 1999, einen Tag nach einer Tourneevorstellung in Bad Reichenhall, überlebten er und seine Ehefrau Claudia Amm schwer verletzt einen Amoklauf.
Geboren am 21. Januar 1930 in Berlin, schloss er die Schauspielschule am Max-Reinhardt-Seminar in Wien ab. Es folgten zahlreiche Theaterengagements u.a. am Berliner Schillertheater, am Schauspielhaus Bochum und am Theater Oberhausen und über 110 bedeutende Fernsehproduktionen. Unvergessen bleibt seine Verkörperung des Franz Biberkopf in der Fassbinder-Verfilmung von Alfred Döblins Roman „Berlin Alexanderplatz“. Lamprecht entwickelte in den 1990er Jahren die „Tatort“-Figur des Kommissars Franz Markowitz.

Einen ausführlichen Nachruf finden Sie auf der Seite des WDR.

Zahlreiche Auszeichnungen hat Lamprecht für seine Arbeit bekommen: 1979 und 1999 die „Goldene Kamera. Die Zeitschrift „Theater heute“ wählte in 1982 zum Schauspieler des Jahres für seine Verkörperung des Azdak in „Der Kaukasische Kreidekreis“. Darüber hinaus war er u.a. Träger des Verdienstordens der Stadt Berlin und des Landes Nordrhein-Westfalen.

Die Nachricht vom Tod Günter Lamprechts hat uns tief getroffen. Wir sind in Gedanken fest bei seiner Frau Claudia Amm. Die Erinnerung an Günter Lamprecht wird immer in uns sein. Seine Stärke, die ihm einmalig geschenkt war, wird ihn unvergessen machen.

Nachruf: Wir trauern um Reinhild Solf und Hans Hollmann

Nur wenige Wochen nach seiner Frau, der Schauspielerin und Autorin Reinhild Solf, ist auch ihr Mann, der Schauspieler, Theater- und Opernregisseur, Intendant (in Basel 1975-1978 ) Professor Dr. Hans Hollmann gestorben. Beide Künstler haben unsere Theaterarbeit über viele Jahre begleitet.

Hans Hollmann (Copyright Hans Hollmann) Professor Hans Hollmann (1933 – 2022) – Copyright Hans Hollmann

Schon Hollmanns erste Regiearbeit für das EURO-STUDIO Landgraf, das in den Jahren1915 bis 1922 entstandene Jahrhundertwerk „Die letzten Tage der Menschheit“ von Karl Kraus, ist unvergessen geblieben. Susi Nicoletti, Peter Matić, Nikolaus Paryla und er selbst standen 1980/81 in seiner hochkonzentrierten und detailgenauen Inszenierung auf der Bühne. Über 30 Jahre später, als sich 2014 der Ausbruch des Ersten Weltkriegs zum hundertsten Mal jährte, präsentierte er das als Reaktion auf diesen Krieg geschriebene Antikriegsdrama erneut an festen Häusern und bei uns auf Tournee mit einer szenischen Lesung.

Reinhild Solf wurde als Toni in Franz Peter Wirths TV-Serie „Die Buddenbrooks“ überregional bekannt. Die erste Rolle, die die an ersten Staatstheatern engagierte Schauspielerin ab 1991/92 über mehrere Spielzeiten bei uns spielte, war die überkorrekte Lotte in Peter Shaffers „Laura und Lotte“, die von der überbordenden Fantasie der von Doris Kunstmann gespielten Laura angesteckt wird. Die beiden Protagonistinnen standen dann vom Herbst 2014 bis Januar 2017 als Margot Honecker (Solf) und Imelda Marcos (Kunstmann) wieder gemeinsam in einer sehr kurzweiligen Hollmann-Inszenierung auf der Bühne. Seine wie gewohnt präzise Regie förderte jede bitterböse Nuance im giftigen Dialog der Ex-Diktatoren-Gattinnen in Theresia Walsers bitterböser Komödie „Ich bin wie ihr, ich liebe Äpfel“ zu Tage.

Reinhild Solf 2016/17 - Copyright Oliver Fantitsch Reinhild Solf als Margot (Honecker) in Hans Hollmanns Inszenierung von Theresia Walsers Stück „Ich bin wie ihr, ich liebe Äpfel“ – Copyright Oliver Fantitsch

Die letzte Rolle, die Reinhild Solf bei uns spielte, war 2000/2001 die schon durch die bewusst eingesetzte facettenreiche Körpersprache Angst einflößende Schwester Ratched in Dale Wassermanns Kultstück „Einer flog über das Kuckucksnest“.

Dieser dankbare Rückblick auf die beiden außergewöhnlichen Künstler, mit denen uns viele immer anregende Gespräche und Diskussionen nicht nur vor, während und nach einer Produktion, sondern bei jeder Begegnung verbinden, soll mit einer Theater-Sternstunde abgeschlossen werden: Im Herbst 1997 fand unsere überregional beachtete Premiere des im Untertitel „Heimatabend“ genannten Stücks „Wartesaal Deutschland StimmenReich“ statt. Unterstützt von den u.a. von seiner Frau mit hoher Wandlungsfähigkeit charakterisierten divergierenden Figuren, verknüpft Hollmann in einem so komischen wie anrührenden Balanceakt die von Autor Klaus Pohl fünf Jahre nach dem Mauerfall gesammelten 27 deutsch-deutschen Stimmungsbilder. Auch diese gemeinsame Arbeit von Reinhild Solf und Hans Hollmann für das EURO-STUDIO Landgraf macht deutlich, welches künstlerische Potential für das Theater für immer verloren ist.

Hans Hollmann, der dem modernen Theater viele neue Impulse gab, wird in Erinnerung bleiben als einer, dessen Inszenierungen Theatergeschichte geschrieben haben.