EURO-STUDIO Landgraf
HERR TEUFEL FAUST
nach Johann Wolfgang von Goethe FAUST I
Bearbeitung von Torsten Fischer
12. – 15. September 2024 (Premiere im Stadttheater Minden)
ca. 11. März – 10. April 2025
Mit Dominique Horwitz (Preisträger des INTHEGA-Vorstandes 2023)
1 Mitwirkender
Dominique Horwitz erhielt den Sonderpreis des INTHEGA-Vorstands 2023 für herausragende und langjährige Leistungen für das deutschsprachige Gastspieltheater.
Regie: Torsten Fischer
Ausstattung: Herbert Schäfer, Vasilis Triantafillopoulos
Nach seinen Erfolgen mit dem von Torsten Fischer im Bühnenbild von Vasilis Triantafillopoulos inszenierten Monodrama „Ich mach ja doch was ich will“ von Doug Wright und John Logans Künstlerdrama „ROT“ (2. INTHEGA-Preis 2014) erarbeitete dieses künstlerische Dream-Team „Fräulein Julie“ von August Strindberg (2. INTHEGA-Preis 2022).
Spieldauer:
1 Stunde und 40 Minuten inkl. Pause
Inhalt:
Die sagenumwobene Lebensgeschichte des Dr. Johann Faust. In jedem Jahrhundert, in dem der Stoff auf literarischem, darstellerischem, musikalischem und filmischen Wege interpretiert wurde, behielt er seine unbrechbare Aktualität.
Die ständige Getriebenheit der modernen Welt, die Beschleunigung, der Zwang der ständigen Selbstoptimierung, mehr Achtsamkeit, mehr Klimaschutz, die Kirche in einer tiefen Krise. Die Figur des Faust wäre im 21. Jahrhundert ebenso unglücklich wie zu seiner eigenen Zeit – eine Kritik an der „Nichtentwicklung“ der Gesellschaft?
Torsten Fischer über FAUST:
Dem Gelehrten Heinrich Faust erscheint „das verfluchte Hier und Jetzt“ wertlos. Getrieben von einem unstillbaren Verlangen, möchte er die Grenzen von Lehre und Wissenschaft, ja seines eigenen Ichs und der Welt erweitern, Fantasie und Realität überwinden, Zeit außer Kraft setzen, Geist und Körper in einen Rausch versetzen.
Er geht mit dem Teufel eine Wette ein („Werd ich zum Augenblicke sagen: Verweile doch! Du bist so schön! Dann magst du mich in Fesseln schlagen, dann will ich gern zugrunde gehn!“). Getrieben von Wissensdurst, Vergnügungssucht und unstillbarem Verlangen stürzt er sich in einen teuflischen Hexenritt, eine Reise in menschliche Abgründe. Schneller, weiter, größer, mehr. Am Ende der Reise in die „kleine Welt“ (Faust 1) sind Fausts minderjährige Geliebte Gretchen und ihr Kind tot, und die Weltformel ist nicht gefunden.
Ruhelos ist der getriebene Faust auch in der Großen Welt unterwegs. Am Ende will er nichts Geringeres, als die Menschheit domestizieren, Land gewinnen und das Meer bezwingen. Hier geht es ums Ganze: Macht und Besitz, Tradition und Vision, Technologie und Natur, Zerstörung und Erneuerung. Um Revolution, Industrialisierung und Kolonisierung, Unterwerfung von Mensch und Landschaft. „Da wagt mein Geist sich selbst zu überfliegen. Hier möcht‘ ich kämpfen, dies möcht‘ ich besiegen.“
Wir reisen in die unendlichen Weiten des Goethe’schen Universums. Von der Natur zur Kultur, von der griechischen Mythologie (es erscheint uns die schöne Helena) in das Mittelalter bis zur Erschaffung eines Menschen im Reagenzglas (Homunculus). Diese Reise geht bis hinein ins Anthropozän, ein neues geologisches Zeitalter, in dem die Menschheit den dominanten geo-physikalischen Einfluss auf das Erdsystem und damit der Mensch die Verantwortung für die Zukunft des Planeten hat, womit wir in unserer Zeit angekommen sind.
Die Welt ist ein unergründlich kosmisches Schauspiel, in dem der Augenblick vergeht und wieder Neues entsteht. Fausts Erlösung ist in der Natur dieser Schöpfung begründet, seine Seele befreit. „Stirb und Werde.“ Und wie im Prolog im Himmel kann jetzt wieder die Sonne aufgehen.
Der historische Faust
Originalbeitrag von Theresie Josefin Federolf
Es gab ihn wirklich!
Sein Leben gilt als historische Vorlage des Fauststoffes. In allen Zeugnissen über Faust, die zu seinen Lebzeiten niedergeschrieben wurden, erscheint der historische Faust mit dem Vornamen Georg oder Jörg. Von einem Johann Faust wird erst mehr als zwei Jahrzehnte nach seinem Tod geschrieben, weil er selbst wohl den häufig verwendeten ersten Vornamen Johann aussparte.
In der Forschung behaupten sich zwei Theorien über Geburtsjahr sowie –ort des historischen Faust.
Diejenige, nach welcher er um 1480 in Knittlingen mit dem Namen Johann Georg Faust geboren wurde sowie nach Forschungen aus den USA unter Frank Baron, welche 1466 als Geburtsjahr in Helmstadt bei Heidelberg angeben.
Informationen über seinen Familienstand oder Nachkommen sind nicht überliefert.
Zeit seines Lebens war er als wandernder Arzt, Wunderheiler, Alchemist, Magier und Wahrsager bekannt. Auch fundierte Kenntnisse der Astrologie sowie Philosophie werden ihm nachgesagt. Er starb um 1540/41 in oder nahe Staufen im Breisgau, der Erzählung nach infolge einer Explosion während chemischer Experimente. Die mysteriösen Umstände seines Todes schürten das Gerücht, Faust wäre vom Teufel selbst geholt worden.
Dr. Faustus in der frühen Neuzeit und spätere Bearbeitungen des Stoffes
Die Popularität dieses Stoffes ist unbestreitbar und gleichzeitig nachvollziehbar. Der historische Faust wurde im 15. Jahrhundert in einer Zeit großer und bedeutender Umbrüche geboren: Das etablierte Gelehrtentum kämpfte gegen die große Beliebtheit von Wahrsagerei, Astrologie und Alchemie an, Gutenberg beflügelte mit der Erfindung des Buchdrucks die mediale Revolution, die Reformation spaltete die christliche Kirche, Seuchen dezimierten die europäische Bevölkerung und der Humanismus stand in seiner Blütezeit.
Auch die Figur des literarischen Faust ist nicht klar zu kategorisieren.
Er ist hochintelligent und hinterfragt den Aufbau der Welt. Sein Streben und Scheitern zeigt keine klare Heldenfigur, sondern eine charakterliche Zerrissenheit und Getriebenheit.
In der 1587 erschienenen „Historia von D[oktor] Johann Fausten“ des Buchdruckers Johann Spies ist der historische Faust unter den ihm hinzugedichteten sagenhaften Zutaten kaum noch zu erkennen. Im deutschsprachigen Raum wurde dieses Werk durch weitere Erzählungen von Rudolf Widmann im Jahr 1599 weiter ergänzt. Mehrere Schwänke folgten 1674 von Johann Nikolaus Pfitzer. Die erste dramatische Bearbeitung dieser „Historia“ erfolgt zwischen 1588 und 1593 durch den bedeutenden englischen Dramatiker Christopher Marlowe, der seine eigene Bearbeitung nach der Übersetzung der deutschsprachigen „Historia“ als Drama mit dem Titel „Tragicall History of the Life and Death Doctor Faustus“ zur Uraufführung brachte. Die Rezeption auf deutschen Bühnen erfolgte im 17. Jahrhundert zu Beginn auf Wanderbühnen sowie im Puppenspiel.
Es ist kaum möglich, die Vielzahl an Faust-Bearbeitungen der letzten Jahrhunderte zu erfassen.
Bei Gotthold Ephraim Lessing, der seine Arbeit am Faust-Stoff mit der Veröffentlichung einer Szene im berühmten 17. Literaturbrief 1759 dokumentiert, bleibt es jedoch bei einem Fragment. Die Bearbeitung von Johann Wolfgang von Goethe gilt unumstritten als die bekannteste. Der 1. Teil wurde im Jahr 1806 und der 2. Teil nach sechs Jahren steter Arbeit im Jahr 1831 beendet.
Auch Heinrich Heine, Friedrich Dürrenmatt, Theodor Storm und Hermann Hesse befassten sich lange mit eigenen Faust-Bearbeitungen. Thomas Manns „Doktor Faustus“ erschien 1947 und gilt als umstrittenstes Werk des Autors. Selbst heute, Jahrzehnte nach seiner Erstveröffentlichung, stellt Manns Neubearbeitung des alten Faust-Stoffes noch eine Herausforderung dar – sowohl für den Leser als auch für die literarische Forschung.
Auch viele Komponisten haben sich des Stoffs angenommen, darunter Ludwig van Beethoven, Franz Liszt, Gustav Mahler, Franz Schubert, Richard Wagner, Hanns Eisler und Alfred Schnittke. Nicht zu vergessen sind die Adaptionen von Musikern wie Hector Berlioz, Robert Schumann, Charles Gounod, Ferruccio Busoni, um nur einige zu nennen.
Die filmische Rezeption ist nicht minder erfolgreich und genreformend.
Friedrich Wilhelm Murnau produzierte den berühmten Stummfilm FAUST – EINE DEUTSCHE VOLKSSAGE im Jahr 1926. Später folgten die Verfilmung FAUST (1960) von Peter Gorski (Verfilmung der legendären Inszenierung von Gustaf Gründgens am Hamburger Schauspielhaus) sowie FAUST (2011) von Aleksandr Sokurov.
Pressestimmen
Energiegeladenes Spiel von Dominique Horwitz
Es muss nicht die große Oper sein, um aufsehenerregend in die neue Spielzeit zu starten. Das geht auch ganz reduziert, mit einem Ein-Personen-Stück, wenn dahinter so ein Vollblut-Schauspieler wie Dominique Horwitz steckt. Regisseur Torsten Fischer hat ihm mit „Herr Teufel Faust“ eine Version von Goethes Faust I auf den Leib geschrieben. (…) Dominique Horwitz zeigt über die gut eineinhalb Stunden ein energiegeladenes Spiel mit vielen Facetten. Dafür belohnt ihn das Publikum mit zahlreichen Bravorufen.
MINDEN Ursula Koch, Mindener Tageblatt, 14.9.2024
Biografien
Dominique Horwitz Faust
Der in Paris geborene Charakterdarsteller fühlt sich trotz seiner über 80 Film- und TV-Produktionen v. a. im Theater zu Hause: 1978 debütierte er im Berliner Cabaret des Westens und wechselte ein Jahr später an das Tübinger Zimmertheater. Seitdem steht er als Gast an den ersten Häusern auf der Bühne. 1983 holte ihn Frank Baumbauer an das Münchner Residenztheater. … mehr
Torsten Fischer Regie
Der Regisseur und Autor ist seit 1981 am Theater tätig. Von 1984 bis 1989 war er Regisseur am Theater Bremen, von 1990 – 1995 Oberspielleiter am Kölner Schauspiel und anschließend bis 2002 Kölner Schauspieldirektor. Regiearbeiten für Oper und Schauspiel führten ihn u. a. nach München, Wien, Hamburg, Stuttgart, Frankfurt, Hannover, Berlin, Straßburg, Zürich, Warschau und New York. Er inszenierte zahlreiche Uraufführungen… mehr