Fräulein Julie

RENAISSANCE-THEATER Berlin / EURO-STUDIO Landgraf
Fräulein Julie
(Fröken Julie)
Naturalistisches Trauerspiel von August Strindberg

ca. 15. November – 10. Dezember 2021
ca. 10. – 25. Januar 2022

Mit Judith Rosmair, Dominique Horwitz

Regie/Fassung: Torsten Fischer

Fassung: Torsten Fischer, Herbert Schäfer, Judith Rosmair
Ausstattung: Herbert Schäfer, Vasilis Triantafillopoulos

Inhalt
Fräulein Julie, Tochter eines Grafen und Gutshofbesitzers, ist zwar privilegiert, würde aber am liebsten das enge Gefängnis der Standesgrenzen sprengen. Diener Jean träumt dagegen von sozialem Aufstieg und Prestige. Beide vereint die unbefriedigte Sehnsucht nach Freiheit, Liebe und das verzweifelte Streben nach Individualität. In der erregenden Atmosphäre der Mittsommernacht lassen sie sich auf ein gefährliches Liebesspiel ein, das zwischen Begehren und Abweisung, Macht und Ohnmacht oszilliert. Julie und Jean suchen die Flucht nach außen, verirren sich aber im Inneren ihrer Gefühle und Wünsche.

Strindbergs 1888 entstandenes und damals als Skandal empfundenes Stück über den Kampf zwischen Mann und Frau, der zum Kampf mit sich selbst führt, zählt mittlerweile nicht nur zu den meistgespielten Werken des schwedischen Schriftstellers, sondern auch zu den Klassikern der modernen Beziehungsdramatik überhaupt.

Nach den zwei ungewöhnlichen Fischer/Horwitz-Theaterabenden „Ich
mach ja doch was ich will“ und „ROT“ über den Maler Mark Rothko (ausgezeichnet mit dem 2. INTHEGA-Preis 2014) ist auch von „Fräulein Julie“ wieder eine nuancenreiche Figurenzeichnung und eine Dialogregie mit genauem Gespür für Zwischentöne zu erwarten.

Pressestimmen

Darstellung der Figuren war kongenial und mitreißend
Sowohl Rosmair als auch Horwitz glänzten mit einem beeindruckenden Wandlungsvermögen und glaubwürdigem Charakterspiel.
ESPELKAMP Michael Grundmeier, Neue Westfälische, 25.1.2022

Dominique Horwitz gilt als einer der größten Charakterdarsteller (…).
Sein Gastspiel ist beispielgebend. (…)
Horwitz und Rosmair sind wie gemacht für diese Rollen.
UNNA Dirk Becker, Hellweger Anzeiger, 25.1.2022

Grandiose Darsteller begeistern
Fabelhaftes Schauspiel (…).
Judith Rosmair und Dominique Horwitz unterhalten ihr Publikum eine Stunde lang auf höchstem Niveau.
ESPELKAMP Wiebke Henke, Westfalen-Blatt, 24.1.2022

Modernisiertes Strindberg-Trauerspiel gefällt
Gegenseitige Suche nach Schuld. Hass, Rache, Todeswunsch. All das verkörpern Judith Rosmair und Dominique Horwitz in auswegloser Konsequenz.
WOLFENBÜTTEL Rainer Sliepen, Braunschweiger Zeitung, 24.1.2022

Langanhaltender Applaus für eine außergewöhnliche Aufführung.
BAD HOMBURG Ulrike Koberg, Taunus Zeitung, 21.1.2022

Judith Rosmair und Dominique Horwitz begeistern
Den beiden Schauspielern gelang es, das Publikum in ihrer Darbietung zu fesseln und alle Facetten des menschlichen Mit- und Gegeneinanders zum Ausdruck zu bringen.
BIETIGHEIM-BISSINGEN Michaela Glemser, Bietigheimer Zeitung, 19.1.2022

Ein psychologisch tiefgreifendes Stück über das Gefangensein in den Rollen der Geschlechter.
FÜRTH Christian Mückl, Nürnberger Nachrichten, 17.1.2022

Wie Judith Rosmair als Julie ihr schauspielerisches Repertoire ausbreitet, ist einfach großartig. (…) Eine äußerst feine und nuancenhafte schauspielerische Leistung der Extraklasse. Passend dazu verkörperte Dominique Horwitz den Gegenpart, den Menschen, der vom Leben weniger mitbekommen hat als Julie. (…)
Ein großartiger Theaterabend.
LENNESTADT Wilhelm Tanhaef, Westfälische Rundschau, 13.12.2021

Judith Rosmair und Dominique Horwitz verkörpern ihre Rollen mit beeindruckender Glaubwürdigkeit
WORMS Ulrike Schäfer, Wormser Zeitung, 12.12.2021

Judith Rosmair spielt diese junge Frau exzellent und mit einer eindringlichen Hingabe. Jede Bewegung, jeder Schritt ist genau richtig, diese erfahrene Schauspielerin ist eine Idealbesetzung für diese Rolle.
Hut ab vor dieser Leistung.
BURGHAUSEN Rainer Wetzl, Alt-Neuöttinger Anzeiger, 7.12.2021

Ein dichtes, intensives Kammerspiel, das die Möglichkeiten des Geschlechterverhältnisses wie in einem Tanz auf begrenztem Raum auslotet.
GAUTING Sabine Zaplin, bosco-gauting.de, 5.12.2021

Publikum kam in den Genuss eines exzellent gespielten Dramas, das in seiner Drastik der Realität in manchen Belangen in nichts nachsteht.
GRENCHEN Susanna Hofer, Solothurner Zeitung, 3.12.2021

Judith Rosmair und Dominique Horwitz brillieren
Die vier Personen, von denen drei handelnde, wurden auf die beiden zentralen Antagonisten beschränkt. (…) So können Judith Rosmair und Dominique Horwitz, Letzterer den Crailsheimern ob seiner hervorragenden schauspielerischen Fähigkeiten in „Rot“ noch in bester Erinnerung, konzentriert glänzen.
CRAILSHEIM Hans-Peter König, Hohenloher Tagblatt, 1.12.2021

Zwei starke Künstler auf der Bühne
Die Schauspieler bringen die Vielschichtigkeit und Zerrissenheit der Figuren auf den Punkt. (…) Torsten Fischer hat Strindbergs Vorlage nicht nur ernst genommen, sondern auch in ihrer Essenz konzentriert.
BENSHEIM Thomas Tritsch, Bergsträßer Anzeiger, 30.11.2021

Packend, raffiniert, zeitlos
Torsten Fischer, Herbert Schäfer und die Darstellerin der Julie, Judith Rosmair, haben es geschafft, Strindbergs Text in einer Unmittelbarkeit ins Heutige zu transportieren, die verblüfft. (…) Die Berliner Truppe präsentierte dem Publikum eine selten so gesehene rundum stimmige und durchdachte Aufführung und zauberte aus dem alten Stück eine raffiniert ausgetüftelte Sicht auf die Absurditäten, Untiefen, aber auch mitreißenden Aspekte des komplizierten Paarungstanzes der menschlichen Spezies.
BAD KISSINGEN Gerhild Ahnert, Rhön- und Streubote, 25.11.2021

70 Minuten lang zogen Judith Rosmair und Dominique Horwitz das Publikum in ihren Bann. Für ihre Darbietung erhielten Sie tosenden Applaus.
GÜTERSLOH Wolfgang Hein, Die Glocke, 21.11.2021

Die Aufführung besticht durch eine faszinierende Einheit, die sich eine eigne Wirklichkeit schafft. Dazu zwei brillante Schauspieler, die mit ihrer Präsenz auch diesen Drahtseilakt mühelos in eine Traumwelt versetzen. Theater als Fiktion, das sich immer wieder neu erfindet.
HAMELN Richard Peter, DEWEZET, 17.11.2021

AUGUST STRINDBERG im Vorwort zu „Fräulein Julie“
Im vorliegenden Drama habe ich nicht versucht, etwas Neues zu schaffen – denn das kann man nicht –, sondern nur die Form entsprechend den Ansprüchen zu erneuern, die meiner Ansicht nach die des Menschen unserer Zeit sind. Zu diesem Zweck habe ich ein Motiv gewählt – oder mich von ihm fesseln lassen (…): das Problem des sozialen Aufstiegs oder Falls, das von bleibendem Interesse war, ist und sein wird. (…) Daß mein Trauerspiel auf viele einen traurigen Eindruck macht, liegt an den Vielen. (…) Man warf kürzlich meinem Trauerspiel „Der Vater“ vor, daß es so traurig sei. Als ob man heitere Trauerspiele forderte! (…) Die Theaterdirektoren schreiben Bestellzettel für Schwänke aus, als ob die Lebensfreude darin bestände, albern zu sein (…). (…) Eben deshalb habe ich einen ungewöhnlichen Fall gewählt (…). (…) Ich habe meine Figuren als moderne Charaktere entworfen, in all ihrer Unsicherheit und Zerrissenheit, zusammengesetzt aus Altem und Neuem, als Figuren einer Übergangszeit. (…)

JULIE und JEAN
Die Handlung [geht] eigentlich nur zwei Personen an (…), weil ich bemerkt zu haben glaube, daß (…) die Menschen unserer Tage (…) sich nicht mit einem Ereignis zufriedengeben, ohne zu erfahren, wie es zugegangen ist! Wir wollen gerade die Fäden sehen, die Maschinerie, die Schachtel mit dem doppelten Boden untersuchen, den Zauberring anstecken, um die Naht zu finden, in die Karten gucken, um zu ermitteln, wo sie gezinkt sind.
August Strindberg: Vorwort zu „Fräulein Julie“, veröffentlicht in: Marianne Kesting und Verner Arpe (Hrsg.): Über Drama und Theater. Übersetzt aus dem Schwedischen von Verner Arpe. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 1966

Dieses für die Entwicklung des modernen Theaters richtungsweisende Vorwort schrieb Strindberg 1888 als Konzept für ein Theater in Stockholm, das er nach dem Vorbild des von Schauspieler und Regisseur André Antoine geleiteten avantgardistischen Pariser Théâtre Libre als »Skandinavisches Versuchstheater« gründen und mit „Fräulein Julie“ eröffnen wollte. Die Pläne zerschlugen sich. „Fräulein Julie“ wurde 1889 in Kopenhagen uraufgeführt.

WERKGESCHICHTE „Fräulein Julie“

Das Originalmanuskript von „Fräulein Julie“ befindet sich im Handschriftenarchiv des Nordiska Museet (Schwedisches Nationalmuseum) in Stockholm.

»Das größte Genie aller modernen Dramatiker« nennt Eugene O’Neill Strindberg in seiner Dankesrede, die er aus Anlass des ihm 1936 verliehenen Nobelpreises für Literatur hält. Das umfangreiche literarische Gesamtwerk – Strindberg schreibt neben seinen mehr als 60 Stücken unterschiedlichster literarischer Gattungen (Historien- und Naturalistische Dramen, Monodramen, Märchenspiele), zehn oft autobiografische Romane und ebenso viele Geschichtensammlungen, Gedichte und mehrere 1000 (inzwischen zum Teil auch veröffentlichte) – Briefe. Dieses vielseitige Werk des 1849 in Stockholm geborenen Autors, das die letzten zwei Jahrzehnte um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert nachhaltig geprägt hat, ist nicht nur zukunftsweisend für die zeitgenössische schwedische, deutsche und französische Dramatik, sondern auch Wegbereiter für Romane, Novellen und Autobiografien. Ein künstlerisch ebenso entscheidender Vorläufer ist er als Fotograf und hoch gehandelter Maler, den das Londoner Auktionshaus Christies (1995 wird dort sein 1901 gemaltes Bild „Inferno“ für 1,2 Millionen £ (!) versteigert) als einen »der bedeutendsten Maler seiner Zeit« einordnet.

Nach den wütenden Reaktionen auf die polemische Gesellschaftskritik seiner satirischen Historischen Romane „Das schwedische Volk“ und „Das neue Reich“ hat der noch nicht einmal 35-jährige Strindberg 1883 mit seiner ersten Frau, der finnlandschwedischen Schauspielerin Siri von Essen, und den beiden kleinen Töchtern Karin und Greta Schweden verlassen und sich für viele, auch finanziell prekäre Jahre ins Exil begeben. Trotzdem heizt ein Jahr später ein Blasphemie-Prozess wegen der unmittelbar nach dem Erscheinen beschlagnahmten und verbotenen Kurzgeschichtensammlung „Heiraten“ die Stimmung seiner Zeitgenossen gegen ihn weiter an. Ebenso wie sein mit ihm wegen Unsittlichkeit und Gotteslästerung angeklagter Verleger Albert Bonnier wird er in dem Gerichtsverfahren freigesprochen.

In Paris, einer Station der sechsjährigen Emigration (von 1894–1896), lernt er das von André Antoine gegründete, am 30.3.1887 eröffnete Théâtre Libre kennen, in dem ausschließlich für dieses Theater geschriebene Stücke gespielt werden, in denen die in dem Werk „Le Naturalisme au théâtre“ formulierten naturalistischen Forderungen des französischen Schriftstellers Émile Zola befolgt werden. Er begreift sofort die Tragweite dieser Theaterform und plant, ein entsprechendes experimentelles Theater zu eröffnen.

Nach Aufenthalten in der französischen Schweiz und Bayern lebt Strindberg ab Dezember 1887 mit seiner Noch-Ehefrau Siri (die Scheidung war schon beschlossen), den Töchtern und dem inzwischen geborenen Sohn Hans in Dänemark in der Nähe von Kopenhagen und verwirklicht innerhalb des Kopenhagener Dagmar Theaters den Traum eines eigenen naturalistischen Theaters. Skandinavisk Forsøgsteater – Skandinavisches Versuchstheater – nennt er seine, nach dem Vorbild des Théâtre Libre konzipierte, Modellbühne, deren Repertoire ausschließlich aus seinen Stücken bestehen soll. Für die Eröffnung schreibt er in den 20 Tagen zwischen dem 22.7. und dem 10.8.1888 „Fräulein Julie“. Thematischer Auslöser ist die Erinnerung an eine Zeitungsnotiz, über die unstandesgemäße Liaison einer Adeligen und ihres Dieners, die er einige Jahre zuvor gelesen hatte. Im Gegensatz zu seinem Stück endete dieses Liebesverhältnis aber nicht mit dem Suizid der Titelfigur. Dem Diener gibt er den Namen Jean – ein Verweis auf ihn, August Johan Strindberg, der zeitlebens darunter litt, als »Sohn einer Magd« von niedrigem Stand zu sein. Das berühmt gewordene „Vorwort“, das richtungsweisend für die Entwicklung des modernen Theaters wird, verfasst er im Anschluss bis zum 22.8.1888. Zusammen mit seinen zur Jahreswende 1888/1889 geschriebenen naturalistischen Einaktern „Die Stärkere“ und „Paria“ und der direkt im Anschluss an „Fräulein Julie“ entstandenen biografischen Tragikomödie „Gläubiger“ soll am 9.3.1889 sein Theater eröffnet werden. Da „Fräulein Julie“ am Abend vor der Uraufführung von der dänischen Zensurbehörde verboten wird (nähere Informationen finden Sie auf Seite 27 bei der AUFFÜHRUNGSGESCHICHTE), werden nur „Gläubiger“, „Die Stärkere“ und „Paria“ gespielt.

Obgleich Strindberg seinen Verleger Bonnier ausdrücklich gebeten hat, seine »Nr. 1 einer kommenden Serie naturalistischer Trauerspiele nicht leichtsinnig abzulehnen damit er es später nicht zu bereuen braucht«1 nimmt er „Fräulein Julie“ nicht in sein Verlagsprogramm auf. Später nennt er diese Entscheidung den »größten Irrtum«1 seines Lebens.* An seiner Stelle publiziert Joseph Seligmann, der 1879 schon Strindbergs Romandebüt „Das Rote Zimmer“ herausgegeben hat, das Stück. Der Sensationserfolg des Romans rettet Strindberg seinerzeit nicht nur aus einer katastrophalen finanziellen Notlage, sondern macht ihn als Romancier in ganz Skandinavien berühmt. Der schwedische Erstdruck von „Fräulein Julie“ erscheint 1889 in Stockholm in einer von Seligmann nicht nur gekürzten, sondern auch »inhaltlich«2 und »stilistisch gravierend«2  veränderten Fassung. »Das Verschwinden des (Original-) Manuskripts führt zwangsläufig dazu, daß alle folgenden Ausgaben und Übersetzungen des Stücks auf diesen von Seligmann entstellten, von Strindberg nie autorisierten Text des Erstdrucks zurückgehen. Erst 1964 gelingt es, den Strindbergschen Originaltext annäherungsweise zu rekonstruieren.«2

Trotz dieser von Strindberg erpressten Veränderungen (»er hat mich zu einem Moralprediger gemacht !«) schreibt der spätere Literaturnobelpreisträger Bjørnsterne Bjørnson 1888 an seine Tochter: »Wir haben jetzt „Fräulein Julie“ gelesen. (…) Strindbergs Poesie ist (…) schmutzig. Er ist selbst ein bedenklicher Kerl, und das spiegelt seine Dichtung wieder«3 und der Autor, Dramatiker, Schauspieler, Regisseur und Theaterdirektor Leo Melitz (1855– 1927) urteilt in seinem, wohl 1905 während seiner Direktion am Staatstheater Basel publizierten, Schauspielführer: „Fräulein Julie“ »gehört stofflich zu den mißlichsten der gewiß schon vor nichts Ekelhaften zurückschreckenden realistischen Schule.«4

1889, zwei Jahre nach dem Trauerspiel „Der Vater“, wird „Fräulein Julie: naturalistisches Trauerspiel“ in Reclams Universalbibliothek Leipzig veröffentlicht. Durch den Ruf Strindbergs als u. a. wegen Gotteslästerung angeklagter Skandalautor geht der Verlag mit der Publikation von den – für damalige Verhältnisse in sehr drastischer Sprache geschriebenen – Werken ein nicht unerhebliches Risiko ein. 1911 erscheint das Stück als „Julie: A Tragedy“ erstmals in englischer Sprache

1 Marianne Kesting und Verner Arpe (Hrsg.): August Strindberg. Über Drama und Theater. Aus dem Schwedischen von Verner Arpe. Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln 1966, S.107.
2 Der übernommene Text ist ein Auszug aus dem Begleittext des Theaterdramaturgen Heiner Gimmler zu seiner im Verlag der Autoren 1988 veröffentlichten den neuesten Stand der Strindberg-Forschung berücksich- tigenden Übersetzung von „Fräulein Julie“. Zitiert nach August Strindberg: Fräulein Julie. Blätter des Deutschen Theaters in Göttingen, Spielzeit 1988/1989, S. 124. Die alte Rechtschreibung wurde beibehalten.
3 Bjørnsterne Bjørnson: Briefe aus Aulestad an seine Tochter Bergliot Ibsen. S. Fischer Verlag, Berlin 1911. Kürzungen sind mit (…) gekennzeichnet.
4 Leo Melitz: Der Schauspielführer. Führer durch das Theater der Jetztzeit; 300 Theaterstücke, ihrem Inhalte nach wiedergegeben. Globus Verlag, Erste Ausgabe Berlin o. J.

*Kurz vor Strindbergs Tod im Mai 1912 kauft der Bonnier Verlag dem schwerkranken Autor für 200.000 Kronen (10.000 Kronen sind heute etwa 180.000 €) seine Rechte an den gesammelten Werken ab. Anschließend erwirbt der Verlag auch die Rechte, die Strindberg an andere verkauft hat. Dadurch erhöht sich die Gesamtsumme auf fast 300.000 Kronen. Nicht eingeschlossen sind die Rechte, die an ausländische Verlage vergeben wurden. Nach Strindbergs Tod gibt der Verlag „Strindbergs Gesammelte Schriften“ in 55 Bänden heraus. Während der ersten 20 Jahre nach seinem Tod verkauft der Verlag 1,7 Mio. Exemplare von Strindbergs Büchern und verdient zwischen 1912 und 1927 fast 10 Mio. Kronen mit seinen Werken.

Originalbeitrag von Birgit Landgraf

1888, ein Jahr nach dem Trauerspiel „Der Vater“ wird „Fräulein Julie. Naturalistisches Trauerspiel“ im Reclam Verlag Leipzig veröffentlicht. Durch den Ruf Strindbergs als u. a. wegen Gotteslästerung angeklagter Skandalautor geht der Verlag mit der Publikation von Strindbergs – für damalige Verhältnisse in sehr drastischer Sprache geschriebenen – Werken ein nicht unerhebliches Risiko ein. 1911 erscheint mit „Julie: A Tragedy“ die erste Übersetzung in englischer Sprache.

AUFFÜHRUNGSGESCHICHTE „Fräulein Julie“
Da das Stück von der schwedischen Zensurbehörde verboten ist, findet die Uraufführung – um das Verbot zu umgehen – am 14. März 1889 vor geladenen Zuschauern als geschlossene Vorstellung des Studentenvereins der Universität in Kopenhagen mit Strindbergs Frau Siri von Essen in der Titelrolle statt. Es gibt zwei Vorstellungen, die von Strindberg, der vermutet, dass seine Frau ein Verhältnis mit dem Schauspieler des Jean hat, durch eine halb geöffnete Tür argwöhnisch beobachtetet werden. Die Ehe mit der Schauspielerin wird 1892 geschieden. Die Deutschsprachige Erstaufführung läuft – vorsichtshalber mit einem von dem Theaterkritiker Paul Schlenther, einem Mitbegründer des Vereins, gehaltenen Einführungsvortrag – als geschlossene Vorstellung am Berliner Residenztheater im Rahmen des Vereins Freie Bühne am 3. April 1892. Als „Fräulein Julie“ am 16. Januar 1893 am Théâtre Libre gezeigt wird, kann Strindberg den Ruhm für sich in Anspruch nehmen, dass er der erste zeitgenössische Dramatiker ist, dessen Stück in Paris gespielt wird. Erst zehn Jahre später kommt es zu weiteren Inszenierungen: 1902 in Stuttgart, 1903 in Hamburg und 1904 wieder in Berlin in einer von Max Reinhardt mit Gertrud Eysoldt und Hans Wassmann inszenierten Vorstellung. 1908 wird „Fräulein Julie“ zusammen mit dem Einakter „Paria“ in Dresden in Esperanto gespielt. Die erste schwedische Aufführung findet 16 Jahre nach der Uraufführung im Herbst 1904 im großen Gildesaal zu Uppsala als geschlossene Vorstellung statt. Ein ungewöhnliches Ereignis ist die vor nur zwei interessierten Zuschauern – George Bernard Shaw und August Strindberg – im Sommer 1908 im Intimen Theater Stockholm gespielte Aufführung. Theaterhistorische Bedeutung hat die Inszenierung des bekannten schwedischen Regisseurs Alf Sjöberg am Stockholmer Dramaten, dem Königlichen Nationaltheater, am 23.1.1949, die in gewissem Sinne eine »Ur-Julie« zeigt. Alle Kraftausdrücke Strindbergs, die der Verleger Josef Seligmann gestrichen hatte, werden wieder in den Dialog eingeführt. (Für seine Verfilmung des Stücks wird Sjöberg 1951 mit dem Hauptpreis der Filmfestspiele in Cannes ausgezeichnet.) Die psychologisch glänzend motivierte Vorstellung wird durch Gastspiele in Norwegen, Finnland (Helsinki), Frankreich (Paris) und Österreich (Wien) auch außerhalb Schwedens berühmt.
Grundlage dieser Zusammenstellung ist Gunnar Ollén: August Strindberg. Friedrich Verlag Velber bei Hannover. 2. Auflage 1975, S. 116-117

Judith Rosmair (c) Manu TheobaldJUDITH ROSMAIR
Ausgezeichnet als Schauspie­lerin des Jahres 2007 in der Kritikerumfrage der Fachzeitschrift Theater heute. Rosmair studierte Tanz in NYC und Schauspiel an der Hochschule für Musik und Theater Hamburg. Es folgten Engagements am Schauspielhaus Bochum, am Thalia Theater Hamburg und an der Schaubühne Berlin, seit 2012 arbeitet Rosmair frei. Sie war Protagonistin in Arbeiten von zahlreichen namhaften Regisseur*innen… mehr

Dominique Horwitz (Copyright: Ralf Brinkhoff)DOMINIQUE HORWITZ
Der in Paris geborene Charakterdarsteller zog als Jugendlicher mit seiner Familie nach Berlin. Mit 19 Jahren erhielt er sein erstes Schau- spiel-Engagement in der TV-Produktion „Eine Jugendliebe“. Es folgte mit Peter Lilienthals preisgekröntem Film „David“ seine erste Kino- produktion. Seitdem spielte er Hauptrollen in so wichtigen Filmen wie „Stalingrad“… mehr

TORSTEN FISCHER 
Der vielbeschäftigte Regisseur und Autor ist seit 1981 am Theater tätig. 1984-1989 war er Regisseur am Theater Bremen, 1990-1995 Oberspielleiter am Kölner Schauspiel und anschließend bis 2002 Kölner Schauspieldirektor. Gastregien in Oper und Schauspiel führten ihn u. a. nach München, Wien, Hamburg, Stuttgart, Frankfurt, Hannover, Berlin, Straßburg, Zürich, Warschau und New York… mehr