Verdienstvoll und geehrt: Doris Kunstmann

Auf Vorschlag des Vorstands der INTHEGA
erhält den Sonderpreis 2012
inthega
DORIS KUNSTMANN 
für ihre Verdienste für das „Theater in der Fläche“

Sie ist Schauspielerin aus Passion, einfühlsame Sprecherin, fürsorgliche Mutter und begeisterte Großmama; mit einem Wort, eine Frau, die mit beiden Beinen im Leben steht: Doris Kunstmann.

Doris Kunstmann in allen Rollen in "Oskar und die Dame in Rosa"

Seit vielen Jahren ist sie auf den deutschsprachigen Bühnen zu Hause, steht vor Film- und Fernsehkameras und liest im Studio Hörspiele und Hörbücher. Ihre berufliche Liebe aber gehört dem Theater, der Bühne, die ihr wie uns eine Welt ist, dazu angetan, die Wahrheit über die Wirklichkeit stellen zu können, das Gesicht des Menschen immer neu zu erfassen und es spielerisch in all seinen Facetten darstellend zu erproben. In Arthur Schnitzlers Drama Paracelsus steht der Satz, der mir auf Doris Kunstmann angewendet zu passen scheint: „Wir spielen immer, wer es weiß, ist klug.“

Titelrolle in "Rose Bernd" Doppelrolle in "Lily und Lily" Laura in "Laura und Lotte"

Sehr früh schon, früher als wohl alle ihre Kolleginnen stand sie auf der Bühne, als zweieinhalbjähriges Mädchen, zusammen mit ihrer Mutter, der Schauspielerin Erika Kunstmann, in Gerhart Hauptmanns Bühnen-Klassiker Fuhrmann Henschel im Altonaer Theater ihrer Heimatstadt Hamburg, beim Prinzipal Hans Fitze. Und da der Apfel niemals weit vom Baume fällt, war es ihr Wunsch von Kindheit an, Schauspielerin zu werden. In Josef Offenbach, einem Freund der Familie, fand sie einen Fürsprecher. Er wusste um ihr Talent, gab ihr ersten Unterricht und sorgte dafür, dass sie nach dem Schulabgang eine Hamburger Schauspielschule besuchen konnte. Ihre erste wirkliche Rolle auf dem Theater spielte sie in Cuxhaven, in Das Ehekarussel.

Claire in "Empfindliches Gleichgewicht" Olive in "Ein ungleiches Paar" Esme in "Amys Welt"

Engagements in Bamberg und Hamburg folgten. Am dortigen Thalia Theater stand sie ebenso auf der Bühne wie in Fiete Schütters Ernst-Deutsch-Theater, das damals noch Junges Theater Hamburg hieß. Ihre erste Filmrolle verkörperte sie in Zauberer Gottes und 1971 wurde sie dann einem breiten Publikum bekannt, als Irene Waldegg in der Verfilmung von Johannes Mario Simmels Roman Und Jimmy ging zum Regenbogen in der Produktion von Alfred Vohrer. Dieser war es auch, der sie in einer weiteren Simmel-Verfilmung als Partnerin von Harald Leipnitz besetzte, in Alle Menschen werden Brüder von 1973.

Rose in "Roses Geheimnis" Titelrolle in "Rose Bernd" Titelrolle in "Die tätowierte Rose"

Bereits 1968 hatte sie als Nora in Ugo Liberatores Das Geschlecht der Engel vor der Kamera gestanden. Aus dieser Zusammenarbeit erwuchs eine enge Freundschaft mit dem italienischen Regisseur, mit dem sie beispielsweise Bora Bora oder auch Lovemaker drehte. Ein Lebensabschnitt in Rom schloss sich an, der Stadt, der neben ihrer Vaterstadt Hamburg ihre Liebe gilt.

Frau John in "Die Ratten" Callas in "Meisterklasse" Anna in "Sterne am Morgenhimmel"

Dutzende Film- und Fernsehrollen folgten seither, und Doris Kunstmann spielte sich dabei in die Herzen eines Millionenpublikums und wurde dafür schon 1975 mit der Goldenen Kamera ausgezeichnet, Und: wir alle konnten sie seit 1984 ununterbrochen auf unseren Bühnen erleben.

Frau Wolff in "Der Biberpelz" Esme in "Amys Welt" Laura in "Laura und Lotte"

Bis heute liebt sie die Tournee, ist stets und ständig unterwegs. Wir erinnern uns an Die Fliegen, Geschlossene Gesellschaft von Jean-Paul Sartre, Rose Bernd, Die Ratten und Der Biberpelz von Gerhart Hauptmann und in jüngster Zeit an Amys Welt, Roses Geheimnis und die anrührende und preisgekrönte Dramatisierung von Oskar und die Dame in Rosa, um nur diese zu nennen. Sie haben uns alle nachhaltig beschäftigt. Da stand – und steht weiterhin – eine Frau auf der Bühne, weiblich, mütterlich, anrührend und einnehmend agierend, von großer, klarer Gestik, ganz der Rolle hingegeben, ohne Pathos und Allüren. Ihre Frauengestalten sind bei aller Fragilität, Gefährdung und schicksalshafter Randexistenz, starke, empathische Persönlichkeiten, voller menschlicher Wärme und zupackender Kraft.

Ines in "Geschlossene Gesellschaft" Esme in "Amys Welt" Callas in "Meisterklasse"

Für diese ihre hohe Ausdrucks- und Darstellungskunst verleiht der INTHEGA-Vorstand seinen Sonderpreis 2012 an Doris Kunstmann.

Doris Kunstmann als Elektra in "Die Fliegen"