James Brown trug Lockenwickler

Grenzlandtheater Aachen / EURO-STUDIO Landgraf
JAMES BROWN TRUG LOCKENWICKLER
(James Brown mettait des bigoudis)
Schauspiel von Yasmina Reza
Deutsch von Frank Heibert und Hinrich Schmidt-Henkel

ca. 7. – 28. März 2026

Mit Robert Flanze*, Friederike Pöschel*, Jonas Gruber*, Lukas Jakob Huber* u. a.
*Verhandlungen noch nicht abgeschlossen.

5 Mitwirkende

Regie: Harald Demmer
Ausstattung: Manfred Schneider
(Regisseur von „Tod eines Handlungsreisenden“ mit Helmut Zierl in der Titelrolle. 1. INTHEGA-Preis 2018 und 2012 von „ZWEIFEL“ mit Wolfgang Seidenberg, Renan Demirkan, Karin Boyd u. a.)

Uraufführung: 24.02.2023 Residenztheater München
Premiere in Aachen: 15.09.2023, Grenzlandtheater Aachen
Aufführungsrechte: Agentur Rainer Witzenbacher, München

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Inhalt
Der Teenager Jacob Hutner verehrt seit seinem sechsten Lebensjahr die kanadische Sängerin Céline Dion. Was seine Eltern Pascaline und Lionel in seinen Kindesjahren noch als harmlose Phase der Bewunderung akzeptiert haben, hat sich zu einer beängstigenden Form von Identitätsverzerrung entwickelt: Jacob ist der festen Überzeugung, die Sängerin selbst zu sein und plant seine – beziehungsweise ihre – Welttournee. Zwischen Hilflosigkeit und Sorge gefangen, beginnt für die Eltern ein Kampf mit den eigenen Werten. Seine Eltern sehen nur den Ausweg, Jacob in einer psychiatrischen Einrichtung zu „heilen“. Dort trifft Jacob auf den Franzosen Philippe, der sich trotz seiner hellen Hautfarbe für einen Schwarzen aus den USA hält. Eine besondere Freundschaft beginnt. Der Autorin gelingt das Aufzeigen, wie wichtig es ist „sich in seiner Haut wohl zu fühlen“.

Die Autorin Yasmina Reza zu ihrem neuen Stück:
Da sind sie wieder die Hutners.
In einem Kapitel in „Glücklich die Glücklichen“ erzählte Pascaline Hutner, wie sie und ihr Mann Lionel zusehen mussten, wie sich ihr Sohn Jacob nach und nach in Céline Dion verwandelte. Das war im Buch eine Geschichte unter anderen, die eines Kindes, das nicht mehr wiederzuerkennen ist, eine Geschichte unter anderen, die im Gegensatz zu den anderen ohne Auflösung bleibt.
Ich wusste, eines Tages würde ich diesen Personen wiederbegegnen. In „James Brown mettait des bigoudis“ befindet sich Jacob nun in einer Pflegeeinrichtung. In einer Einrichtung, man weiß nicht wo, in einem Park inmitten einer geordneten und friedvollen Natur. Dort hat er einen Freund gefunden, Philippe, ein Patient wie er.
So wie Jacob sich als Céline sieht, oder die Sängerin sein möchte, so ist Philippe ein Weißer, der sich für einen Schwarzen hält, oder ein Schwarzer sein möchte. Man kennt nicht den Grad ihrer Irrationalität. Man sagt, kein menschliches Wesen forme sich ohne Vorbild und Modell.
Die Psychiaterin, der die unglücklichen Hutners ihr Kind anvertraut haben, versucht nicht, die Patienten in ihre ursprüngliche Bestimmung zurückzuführen. Sie bemüht sich, sie in Einklang mit sich selbst zu bringen, sie zu befähigen, ihre Emanzipation zu akzeptieren.
Moderne Harmonie.
Mischung aus Großzügigkeit und Verwirrung.
Das ist musikalisch.
Das ist komisch. Und auch traurig.
Phantasie über die Identität oder die Verschiedenheit. – Wie man möchte.
Viele Dinge sind uns unbegreiflich.
Ich möchte hier keine Schlüssel dazu geben, die keine sind.

Yasmina Reza im Interview:
»Ich frage nicht, wer hier normal ist oder wer nicht, sondern ich frage, wo alle etwas unwirklich oder zwischen normal und normal zu sein scheinen – was bleibt da übrig? Was bleibt vom Menschen, all die Identitäten, der Identitätswahn abgezogen? Was bleibt? Es bleibt die Geschichte von Eltern und ihrem Kind.«
Interview mit Maximilian Sippenauer vom Bayrischen Rundfunk, BR24, 24.03.2023

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Pressestimmen

Zur Inszenierung am Grenzlandtheater Aachen

So bunt ist die Psychiatrie
Rezas Stück ist für jede Deutung offen: Darf jeder und jede sein, wer er oder sie sein möchte? Oder ist es besser, eine klare Rolle zu haben? Hier schwingt der Text von reaktionär bis woke. (…) Ein unterhaltsamer, skurriler Abend mit gewollten, aber auch kollateralen Irritationen, der für Gesprächsstoff sorgt.
AACHEN Andrea Zuleger, Aachener Zeitung, 18.9.2023

Zur Uraufführung am Residenztheater München

Gelungen!
Keine Figur ist unschuldig. Reza gelingt es, dass wir uns nie auf eine Seite schlagen.
MÜNCHEN Katja Kraft, Münchner Merkur, 26.03.2023

Hier gibt es keine großen Streits, keine brutalen Wortgefechte. Stattdessen: leise Verzweiflung und ebenso leise Momente des Glücks. (…) Was ist normal? Wer? Diese Fragen stehen hier immer im Raum. Und man darf behaupten: Die beiden, die es auf den ersten Blick am wenigsten sind, die sich neue, zu ihren bisherigen konträre Identitäten gesucht haben, sind am meisten eins mit sich.
MÜNCHEN Anne Fritsch, Die deutsche Bühne, 25.03.2023

Über weite Strecken hat der Abend eine wunderbare Leichtigkeit.
MÜNCHEN Michael Stadler, Abendzeitung, 27.03.2023

Yasmina Rezas Gesellschaftssatire fällt diesmal weniger böse aus. Die Erlösung besteht darin, alles so hinzunehmen wie es ist, solange man keine wirklichen Antworten hat.
MÜNCHEN Hannes Hintermeier, FAZ, 27.03.2023

Statt gewitzte, sich hitzig steigernde Wortgefechte bietet „James Brown trug Lockenwickler“ vereinzelt wirkende Szenen, in denen die fünf Figuren sich freimütig, manchmal gereizt, oft erheiternd über ihre Eigenheiten austauschen oder Geschichten erzählen, die metaphorisch aufgeladen um die zentralen Themen des Abends kreisen.
MÜNCHEN Michael Stadler, Abendzeitung, 27.03.2023

Mit „James Brown trug Lockenwickler“ begibt sich Yasmina Reza, meistgespielte Gegenwartsautorin, ins Haifischbecken identitätspolitischer Debatten.
MÜNCHEN Nicole Golombek, Stuttgarter Nachrichten, 27.03.2023

„James Brown trug Lockenwickler“ ist ein fragiles Stück, schlingernd zwischen Komik und Melancholie, Gewissheit und Verunsicherung, Identität und Differenz, Kultur und Natur. Es lässt sich nicht festmachen. Es reißt sich vom Boden los und schaukelt sich buchstäblich in seine Thematik ein: beginnend mit einem Mann auf einer Schaukel im Park, der sich laut Szenenanweisung „bemüht, in Schwung zu kommen“.
MÜNCHEN Christine Dössel, Süddeutsche Zeitung, 26.03.2023

Das Stück ist surreal, versponnen, sprung- und märchenhaft.
MÜNCHEN Sabine Leucht, nachtkritik.de, 25.03.2023

„James Brown trug Lockenwickler“ ist kryptischer, skurriler als Rezas bisherige Werke. Und doch ein sehr zärtlicher Appell an die kurze Möglichkeit des Glücks, das sich mitunter in den noch wahnwitzigsten zwischenmenschlichen Situationen erleben lässt, wenn man nur ablässt vom Fetischisieren der eigenen Identität.
MÜNCHEN Maximilian Sippenauer, BR24, 24.03.2023

Biografien

Yasmina Reza   AutorinYasmina Reza_c_Agentur Rainer Witzenbacher
»Sie hat ein lebhaftes Gesicht mit Katzenaugen (…) und den Vornamen einer Prinzessin aus Tausend-und-eine- Nacht«, schreibt Marion Thébaud in Le Figaro über die Theater-, Roman- und Drehbuchautorin Yasmina Reza. die Tochter eines in Moskau geborenen, iranischen Vaters und einer ungarischen Mutter, wird 1959 in Paris in eine Künstlerfamilie hineingeboren. ihre Mutter ist Violinistin, ihr Vater Musiknarr, der Bruder Komponist … mehr