»Lutz vor Bert« kommentierte der SPIEGEL, als Lutz Hübner nach der Werkstatistik des Deutschen Bühnenvereins 1999/2000 Brecht als meistgespielten deutschsprachigen Dramatiker überrundet hatte. Seitdem besetzt er mit seinem seit 2001 in Zusammenarbeit mit Koautorin und Ehefrau Sarah Nemitz entstandenem vielseitigen Repertoire regelmäßig einen Platz in den Top Ten der meistgespielten und meistinszenierten Stücke. Zuletzt war Hübner/Nemitz‘ Komödie „Frau Müller muss weg“ in der Spielzeit 2016/17 auf Platz fünf der meistgespielten Werke. Noch sechs Jahre nach der Uraufführung gehört der Publikumsrenner zu den zehn am häufigsten inszenierten Stücken auf deutschsprachigen Theaterbühnen. Kein Wunder, denn kaum ein anderer Dramatiker/ein anderes Dramatiker-Duo hat ein vergleichbar untrügliches Gespür für Themen, die in der Luft liegen, kaum einem anderen Autor gelingt es, brandaktuelle Themen so aufzubereiten, dass Ernst und Unterhaltung die richtige Balance halten. Hübners und Nemitz‘ große Kunst besteht in der emotionalen Glaubwürdigkeit der Menschen, die sie auf die Bühne stellen – Menschen, die so nah am Alltäglichen sind, dass man das Gefühl hat, man würde sie kennen. Die lebensnahen Themen sprechen nicht nur in Deutschland alle Generationen an – das beweisen die Übersetzungen in über ein Dutzend Sprachen. Profitiert hat Hübner als Dramatiker sicherlich von seiner Vergangenheit als Regisseur und Schauspieler – wie er versichert »mit ordentlichem Abschluss« (Staatliche Hochschule Saarbrücken). Vor dieser Ausbildung hatte der 1964 in Heilbronn geborene Autor schon in Münster ein Studium der Germanistik, Philosophie und Soziologie hinter sich. Er spielte, inszenierte und schrieb sechs Jahre lang parallel: Gastverträge führten ihn an das Saarländische Landestheater und an das Staatstheater Karlsruhe. 1990-1995 war er Schauspieler und Regisseur am Landestheater Neuss, 1993-1996 in den gleichen Positionen am Theater der Landeshauptstadt Magdeburg.
Hübner und Nemitz erweisen sich nicht nur immer wieder als hochsensible Seismographen für aktuelle Gesellschafts-Themen, sie zählen darüber hinaus auch zu den produktivsten Bühnenautoren im deutschsprachigen Raum. Seit Hübners Debütstück „Tränen der Heimat“ (1994) hat Lutz Hübner (teils in Zusammenarbeit mit Nemitz, teils solo) über 40 Stücke veröffentlicht: u. a. „Gretchen 89 ff.“ (1997), Herzmündung“ (1999) über die Ermordung von John Lennon, „Creeps“ (2000) über eine TV-Casting-Show, „Bankenstück“ (2004), „Gotteskrieger“ (2005), „Ehrensache“ (2005) über den sogenannten ‚Hagener Mädchenmord’ an einer Halbtürkin, „Für Alle das Beste“ (2006) über die Probleme beginnender Demenz oder „Blütenträume“ (2007) über den demografischen Wandel und die Bedürfnisse der sog. Best Ager – der EURO-STUDIO-Publikums-Hit war von 2010 bis 2015 im Spielplan der Konzertdirektion Landgraf. Mit einem Sonderprogramm zu Ehren von Lutz Hübner feierte das Theater Hagen im März 2011 das 10jährige Jubiläum der nach ihm benannten Jungen Bühne „Lutz“. 2011 wurde auch der Abend „Familienbande. Eine musikalische Arbeit unter Verwandten“, den er gemeinsam mit Franz Wittenbrink kreiert hat, am Staatsschauspiel Dresden uraufgeführt. Schon der Publikumserfolg „Frau Müller muss weg“ wurde dort 2010 uraufgeführt (war als EURO-STUDIO-Landgraf-Produktion 2013-2017 auf Tournee und nominiert für den INTHEGA-Preis 2015). 2014 folgte die Uraufführung von „Ein Exempel – Mutmaßungen über die sächsische Demokratie“, einem Auftragswerk für das Staatsschauspiel Dresden. Eine ähnlich produktive Zusammenarbeit verbindet das Duo Hübner/Nemitz auch mit dem Schauspielhaus Bochum. 2012 erarbeiteten sie dort mit Schauspielschülern der Essener Folkwang Universität der Künste das Projekt „Spiel des Lebens“. Im selben Jahr erlebte das Stück „Richtfest“, ein Auftragswerk für das Schauspiel Bochum über die Freuden und Leiden einer Mehrgenerationen-Baugemeinschaft, eine überaus erfolgreiche Uraufführung. Auch „Wunschkinder“ war ein Auftragswerk für das Schauspielhaus Bochum, das dort im Mai 2016 uraufgeführt wurde. Es folgten mit „Paradies“ (2017) und dem unterhaltsamen, am 19.10.2018 uraufgeführten „Abiball“, bei dem es zum letzten emotionalen Kräftemessen von Schülern, Eltern und Lehrern kommt, bevor die von großen Erwartungen geprägte Zukunft beginnt, zwei Auftragswerke für das Junge Schauspiel am Düsseldorfer Schauspielhaus. Nur drei Wochen später wurde am 2.11.2018 ein weiteres Hübner/Nemitz-Stück uraufgeführt: „Furor“, dessen Zentralthema Hubert Spiegel in seiner FAZ-Kritik vom 5.11.2018 wie folgt beschreibt: »das Auseinanderbrechen des demokratischen Konsenses (…) drei Personen, eine Moral, aber weit und breit keine Lösung in Sicht. Keiner hat recht, aber alle haben ihre Gründe.«
Neben Schauspielen verfasste Hübner Opernlibretti, so etwa für Hans Schanderls Oper „Der Maschinist“ (2000 auf der EXPO in Hannover uraufgeführt) oder 2001 „Wallenberg“ komponiert von Erkki-Sven Tüür. Außerdem war Hübner einer der Juroren für die Stückauswahl zum Berliner Theatertreffen. Am 30.11.2019 hatte das Hübner/Nemitz-Stück „Frauensache“ am Badischen Staatstheater in Karlsruhe Uraufführung, am 25.1.20 wurde das gemeinsame Stück „Die Wahrheiten“ am Staatstheater Stuttgart uraufgeführt.
Aktuelle Produktion: „Wunschkinder“