Gesellschaftspolitische Relevanz und eindringliche emotionale Momente bilden den roten Faden durch das künstlerische Werk des Bühnen- und Drehbuchautors, Produzenten, Theater- und Filmregisseurs Miraz Bezar. In seinen Filmen wie in seinen Arbeiten für die Theaterbühne zeigt Bezar ein feines Gespür für Situationen, Konflikte und nuancierte Gefühle – und immer geht es um aktuelle politische Fragen. Er selbst beschrieb das in einem Interview mit dem Soziologen Savaş Taş mit den Worten: »Kunst ja – aber immer auch, um etwas Größeres zu erreichen!«
Miraz Bezar wurde 1971 in Ankara geboren und wuchs in einer politisch aktiven kurdischen Familie auf. Erste Bühnenerfahrungen sammelte er als Schauspieler am Jungen Theater Bremen und in der Berliner Off-Theaterszene. Ab Mitte der 1990er Jahre absolvierte er ein Regiestudium an der Deutschen Film- und Fernsehakademie (dffb) in Berlin.
Jeder seiner während des Studiums an der dffb gedrehten Kurzfilme lief auf nationalen und internationalen Festivals. Internationalen Preisregen erntete Bezar mit seinem ersten abendfüllenden Spielfilm „Min Dît – The Children of Diyarbakır“, der auf dem internationalen A-Film-Festival San Sebastián seine Weltpremiere feierte und dort mit dem GAZTEA Youth Award ausgezeichnet wurde. Filmgeschichte schrieb Bezars Film, als er – trotz der in der Türkei brisanten Kurden-Thematik – eine Einladung zum Antalya Golden Orange Film Festival erhielt. Zum ersten Mal überhaupt wurde dort ein in der Türkei gedrehter kurdischsprachiger Film mit türkischen Untertiteln gezeigt und auch noch mit dem hochbegehrten SPEZIALPREIS DER JURY für das BESTE DREHBUCH ausgezeichnet. Auch beim Filmfestival in Istanbul ging er nicht leer aus: die GOLDEN TULIP für die BESTE REGIE für Bezar. Es folgten elf weitere Auszeichnungen weltweit. 2011 wurde er zudem als BESTER DREHBUCHAUTOR für den DEUTSCHEN FILMPREIS nominiert.
Seit 2008 macht Bezar auch Theater. An den Berliner Bühnen Ballhaus Naunynstraße und am Maxim Gorki Theater inszenierte er mehrere Stücke, u. a. „§301 – Die beleidigte Nation“ (2012) über die Ermordung des armenischen Journalisten Hrant Dink und die Komödie „Vorhaut“ (2014). Neben der Regie war er hierbei jeweils auch als Autor verantwortlich. Für das EURO-STUDIO Landgraf inszenierte und bearbeitete Bezar bereits das Drama „Aus dem Nichts“ nach dem gleichnamigen und international preisgekrönten Film von Fatih Akin. Bezars Inszenierung tourt seit 2019 erfolgreich durch Deutschland und erhielt 2020 den 1. INTHEGA-Preis DIE NEUBERIN.
Seit Bezar 2017 Jurymitglied des von der Heinrich-Böll-Stiftung ausgelobten Friedensfilmpreises der Berlinale wurde, eine Ehrung für Filme mit herausragender ästhetischer Umsetzung friedenspolitischer Inhalte, hat er diesen weltweit einmaligen Preis bereits dreimal mit vergeben. Sicher kein Zufall, denn die Jury prämiert Filme, die in besonderer Weise „im Dienst des friedlichen Miteinanders und des sozialen Engagements stehen“, schreibt die Heinrich-Böll-Stiftung auf ihrer Website. Das passt gut zu Bezars eigener künstlerischer Absicht, über die er sagt: „Wir müssen über Dinge reden, die tabuisiert sind. Nur so können wir sie dem Vergessen entreißen und Änderung bewirken.“
Aktuelle Produktionen: „Aus dem Nichts“ (1. INTHEGA-Preis 2020), „Gott“